Abnehmen: Gesund schlank - Der Blog zur Abnehmen-Community: Gastbeitrag: Diät von der Diät - Deine definitiv letzte Diät! [Karin Futschik] '; //twitterString += '

Bild: Marc Winking

Als ich den Tisch abräume, falle ich über die Nudelreste der Kinder her. Aus Frust über meine Schwäche schiebe ich drei Schokoriegel hinterher. Sie werden nicht die letzte Sünde an diesem Tag bleiben, der ohnehin schon verloren ist. Morgen. Morgen wird es besser. Morgen halte ich meine Diät durch. Tatsächlich ist morgen nur das nächste Heute. Am Ende des Monats habe ich sogar zu-, statt abgenommen. Ich hasse mich dafür. Mein Abnehmbuch sagt mir, dass ich einfach zu willensschwach bin, um ein Kaloriendefizit zu fahren. Es ist nicht die Schuld der Diät, dass es nicht funktioniert. Ich bin es, die nicht funktioniert. Ich werde auf immer und ewig fett und unglücklich bleiben.

Zum Glück gelangte ich irgendwann an den Punkt, an dem ich erkannte, dass es so nicht weitergehen konnte... nicht durfte. Es war (für mich) der direkte Weg in eine ausgewachsene Essstörung. Ich war in die Diätfalle getappt und über Jahre darin gefangen. Es war immer dasselbe. Zuerst war ich äußerst erfolgreich, verlor viele Kilo in kurzer Zeit. Doch irgendwann stagnierte das Gewicht trotz aller Bemühungen. Ja, es schien sogar, dass es immer schwieriger wurde, je mehr ich mich anstrengte. Frust machte sich breit. Ich korrigierte das Zielgewicht zähneknirschend nach oben und ging offiziell in die Haltephase über. Das bedeutete, dass ich meine zahlreichen Diätregeln weiterhin befolgte, in der Hoffnung, dass mich die Waage doch noch belohnen würde. Tat sie nicht. Meine Frustration nahm zu. Jeden Tag wollte ich eine neue Diät beginnen, was ich aber nicht schaffte. Stattdessen kämpfte ich nun mit Essanfällen, die ich bisher nicht kannte. Nicht einmal in emotional schwierigen Lebensphasen hatte ich damit Probleme. Doch jetzt hatte ich ständig Heißhunger und hielt mich für unfähig, Sättigung auch nur im Ansatz zu spüren. Ich kannte nur noch hungrig oder übergessen. Es war mir kaum mehr möglich, eine Mahlzeit zu genießen. Trotz fettarmer und gesunder Küche hatte ich immer Angst, mir den Teller zu überladen. Doch erneutes Kalorienzählen gelang mir auch nicht. Immer mit der Obergrenze vor Augen fiel es mir noch schwerer, mich einzuschränken. Wenn ich mein selbst gesetztes Limit früh am Tag bereits erreichte, überaß ich mich, weil ich an diesem Tag nur noch scheitern konnte. Ich war so jämmerlich!

Das entsprechende Kapitel in "Intuitiv abnehmen" schien von mir zu handeln, ich lebte in meiner Diätmentalität auch dann, wenn ich gerade gar nicht aktiv Diät hielt. Meine selbst auferklegten Regeln rund ums Essen waren mein Gefängnis, aus dem ich nur noch ausbrechen wollte. Ab sofort sollten nur mehr zwei Faktoren darüber entscheiden, wann, was und wie lange ich esse: Hunger und Sättigung.
Die selbst auferlegten Diätregeln lassen sich nicht einfach so aus dem Kopf und dem Unterbewusstsein streichen. Es ist nicht leicht, ehemals "böse" Lebensmittel nun einfach zu genießen. Doch das ist okay. Über zehn Jahre habe ich eigentlich ständig Diät gehalten. Es ist unrealistisch, das plötzlich ablegen zu können, doch nach und nach ist es durchaus möglich. Als würde man Stück für Stück sein selbst erbautes Gefängnis abreißen. "Intuitiv abnehmen" liefert dazu eine 4-Schritt-Anleitung.

1. Schäden bewusst machen

Zunächst sollte man sich klar machen, welchen Schaden Diäten für sich persönlich anrichten, etwa wie ich meine anfangs umrissen habe. Man kann Diätschäden googeln, um eine Idee davon zu haben, ob man selbst bereits betroffen ist. Doch Vorsicht: Das Thema Diätschäden wird heiß diskutiert. Mein Rat lautet deshalb, sich gar nicht groß mit einem wissenschaftlichen Diskurs zu befassen, sondern sein eigenes Essverhalten einfach kritisch zu hinterfragen. Was läuft nach eigenen Maßstäben nicht so, wie es laufen sollte. Wenn man sich wegen Essen schlecht fühlt, hat man definitiv einen Diätschaden. Essen nährt den Körper. Anders als Alkohol- oder Nikotinkonsum kann man Essen nicht aufhören, es ist lebensnotwendig. Es sollte uns glücklich und zufrieden machen und nicht umgekehrt. Essattacken resultieren aus der ständigen Beschränkung der Nahrungsaufnahme (psychisch) und einer eventuellen Unterversorgung mit Nährstoffen (physisch). Wer glaubt, keine Sättigung mehr zu fühlen, hat ebenfalls einen Diätschaden. Wir haben uns zu lange diktieren lassen, welche Mengen von welchen Lebensmitteln uns zu sättigen haben. Das Vertrauen in unsere natürlichen Körperfunktionen haben wir tief verschüttet. Sich hässlich und nicht liebenswert zu fühlen, sind Folgen der Diäten, an denen wir immer wieder scheitern. Dass man das Gefühl hat, immer schwerer abzunehmen rührt von dem Stress her, den Diäten auslösen können, weil sich der selbst auferlegte Druck, endlich erfolgreich zu sein, immer weiter erhöht. Die Liste ist lang, ich greife lediglich die Punkte auf, die auf mich definitiv zutreffen.

2. Diätregeln erkennen und ignorieren

Um die Diätmentalität abzulegen, ist es notwendig, den Wunsch nach Gewichtsverlust erst einmal hintenan zu stellen. Ziel sollte die Wiedererlangung einer gesunden Einstellung zum Essen sein, ohne Regeln und Verbote von außen. Essen sollte ein wieder ein selbstbestimmter Vorgang sein, mit dem Ziel, seinen Körper optimal zu nähren und zu versorgen. Dies ist möglich, indem man seine Gedanken rund ums Essen hinterfragt. Man hätte so Lust auf ein Stück Schokolade, schleicht vorsichtig darum herum, greift sie, legt sie aber zurück, weil Schokolade ja der Belzebub unter den Lebensmitteln ist? Hier gilt es Stopp zu sagen! Du hast Hunger und Lust auf Schokolade, dann bitte genieße das Stück! (Nicht schlingen!). Der Kopf wird einige Zeit brauchen, um zu glauben, dass man ihn nun nicht mehr mit Regeln drangsaliert. Aber dazu gibt es einen weiteren ganzen Post. Hier reicht es vorerst, dass man seine Gedanken ständig auf den Prüfstand stellt, um sicherzugehen, dass man den Diätregeln nicht mehr unterbewusst folgt. "Ich darf unter keinen Umständen einen Bissen von dem Kuchen essen" könnte umgeformt werden zu "Wenn ich Hunger habe und ich Lust auf Kuchen habe, darf ich ihn auch essen. Das ist okay."

3. Diäthelfer entsorgen

Es funktioniert nicht, seine Diätgedanken abzulegen, wenn man sich weiterhin ihrer Werkzeuge bedient. Wer nicht neutral auf die Waage steigen kann, sondern sich durch die angezeigte Zahl entweder motiviert oder schlecht fühlt, sollte sie wegwerfen oder zumindest erst einmal für einen größeren Zeitraum verstecken. Wer wie ich einen wandelnde Nährwertdatenbank ist, sollte zumindest Apps deinstallieren und Tabellen verstecken. Wahrscheinlich ist es auch nötig, die ein oder andere Community zu verlassen, Zeitschriftenartikel oder Bücher zu entsorgen. Wissenschaftlich kommen sie alle daher. Es fällt schwer, solche Dinge zu lesen und ihnen dann nicht doch (unbewusst) zu folgen. Dazu gehört auch, die angezeigten Inhalte in den sozialen Netzwerken auszusortieren. Schlicht alles, was einen schlecht oder minderwertig fühlen lässt. Denn diese Gedanken setzen eine erneute Diätspirale in Gang, die auch nicht anders enden wird als die letzte.

4. Nachsicht walten lassen...

... mit sich selbst. Es kann ein Loch hinterlassen, sich von all den vertrauten Lebensbegleitern zu trennen. Diäten können einem Leben auch Struktur verleihen und verdecken nicht selten dadurch andere Probleme, weil man den Fokus weg von ihnen hin zu der aktuellen Diät lenken kann. Vielleicht hat man ein geringeres Gewicht dazu benutzt, um sich gut zu fühlen, den Selbstwert zu stärken. Es ist okay, zu trauern. Doch in Wahrheit ist es so, dass man auf jeden Fall wertvoll ist, egal, ob dünn oder dick. Es fühlt sich außerdem besser an, an den wahren Baustellen zu arbeiten, sich ihnen zu stellen und sie zu lösen, als sie ständig direkt unter der Oberfläche dahinschwelen zu lassen. Der Weg zum intuitiven Essen ist eine Reise, die nicht auf dem kürzesten Weg verläuft. Hinter jeder Kurve verbirgt sich eine Erfahrung, die einem niemand mehr nehmen kann.
Quelle: Resch, Elyse/Tribole Evelyn: Intuitiv abnehmen. Zurück zu natürlichem Essverhalten. Goldmann 2013. S. 77-92.

Keine Kommentare :

Kommentieren

Navigation

Verzeichnisse