Ich muss zugeben, ich habe lange nichts von der Fat-Acceptance-Bewegung gehört.
Ganz knapp gefasst geht es darum, dass Menschen aufgrund ihres Gewichts nicht beleidigt werden wollen (Fatshaming). Ein Punkt, den ich voll und ganz unterstütze. Kein Mensch sollte wegen seines Äußeren beleidigt werden, egal ob dick, dünn, abstehende Ohren, rote Haare, grüne Haare, Plattfüße, Watschelgang, Buckel, drei Augen oder was auch immer.
Die Fat-Acceptance-Bewegung ist inzwischen aber auch politisch geworden und setzt sich dafür ein, dass die BMI-Grenzen neu gesetzt werden. Näheres dazu kann man hier nachlesen.
Damit einhergeht jedoch, dass alles, was sich ums Abnehmen dreht, torpediert wird.
Dass alles, was im entferntesten mit der Figur zu tun hat, in die Schachtel Fatshaming gepackt wird und der Aufschrei groß ist. Abnehmen selbst ist Fatshaming! Wozu abnehmen! Man kann ja auch mit Speckröllchen gesund leben! Und Sport treiben! Und und und! Dass du versuchst, leichter zu werden, ist ein Angriff auf uns Dicke! Du willst nicht so sein wie wir, also sind wir in deinen Augen weniger wert!
Es muss aber gar nicht alles unter Fat-Acceptance laufen.
Mir fallen in den sozialen Netzwerken Spruchbildchen auf, die die paar Pfunde (Kilos? Zentner?) zuviel schön reden und rechtfertigen. Einschlägige Online-Magazine posten Artikel, dass ungesunde Lebensmittel wie Schokolade schlank machen würden. Oder verzerren andere Studien durch reißerische Titel. Denn das bringt Klicks. Alle wollen schlank sein, aber keiner will auf Süßes & Co verzichten. Ich habe das mal ausprobiert. Meine Artikel Abnehmen ohne Verzicht oder Leichter schlank? - Das Wundermittel bekamen relativ viele Klicks, obgleich ich in beiden Artikeln feststelle, dass es halt so nicht geht.
In Abnehmgruppen werden auch gerne Artikel geteilt, die bestätigen, dass man zu einem dicken Leben verdammt sei und alle Anstrengungen umsonst sind. Bei Artikeln zum BMI heißt es grundsätzlich, dass ja die Fett-Muskelverteilung nicht beachtet würde und deshalb eh total umsonst sei. Ich lese überall, dass ich auch leicht übergewichtig bleiben könnte, sofern ich mich gesund ernähre und Sport treibe. Wozu soll ich mir also die Mühe machen, um abzunehmen.
Das Lesen solcher Artikel hindert dich am Abnehmen. Sie füttern den inneren Schweinehund, kratzen an deiner Motivation, bis diese vollständig erodiert und zusammenbricht und du wie im Wahn eine Tüte Chips mit Schokolade überziehst und auffrisst. Bringt ja alles nichts! Da kann ich die Kalorien, die ich die vergangene Woche eingespart habe, direkt wegverputzen und noch Tausend drauf! Mein Körper torpediert mich! Meine Darmbakterien, mein Set-Point, meine Gene oder was auch immer!
Stop.
Der einzige, der dich am Abnehmen hindert, bist immer du selbst.
Abnehmen beginnt im Kopf. Du weißt, was dich antreibt. Das müssen im Übrigen nicht nur gesundheitliche Gründe sein. Mich treibt durchaus an, dass ich in ein x-beliebiges Geschäft gehen möchte, mir dort eine Hose schnappen kann und sie dann passt. Ich kann natürlich auch der Modeindustrie den schwarzen Peter zuschieben, die ja total unsinnige Schnitte produzieren. Fühlt sich ganz gut an. Das habe ich jahrelang gemacht. Aber im Hinterstübchen sitzt er dennoch, der Gedanke, dass es ja sehr, sehr viele, wirklich viele Mädels und Frauen gibt, die genau das können, was ich möchte. In das Geschäft spazieren, Kleidung probieren und kaufen, weil sie passt. Vielleicht bin ich doch anders als der Großteil? Vielleicht liegt es doch in meiner Verantwortung, den zweiten Knödel beim Sonntagsbraten wegzulassen?
Inzwischen blende ich Beiträge komplett aus, die Übergewicht rechtfertigen. Stattdessen lese ich die, die mich beim Abnehmen bestärken. Sind nicht ganz so viele, aber wenn man mal welche gefunden hat, kommen einem die Algorithmen ja zu Hilfe. Das könnte dich auch interessieren... Man muss beim Abnehmen gegen genug Angewohnheiten ankämpfen, da ist es im wahrsten Sinne erleichternd, nicht auch noch gegen pseudowissenschaftliche Texte ankämpfen zu müssen, deren Intention es ohnehin nur ist, dem Leser ein gutes Gefühl zu geben, damit er wieder auf die Seite kommt.
Das mag man unter selektiver Wahrnehmung brandmarken, aber das habe ich ja vorher auch getan - und mich selber betrogen. Ich habe mich selbst an einen körperlichen Zustand gefesselt, der mich physisch und psychisch belastet hat. Ich hatte nur mehr Leute, die mir dabei mitleidig auf die Schulter klopften.
Jeder kann abnehmen, wenn er es möchte. Lass dir nichts anderes einreden! Zieh dein Ding durch und umgib dich mit Menschen und Dingen, die dich dabei unterstützen und dir gut tun.
Wer oder was dich runterzieht, kann weg!
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