Ich kann ihn nicht mehr sehen. Den Link zu diesem Artikel, in dem postuliert wird, dass ich aufhören soll, einer Kleidergröße nachzujagen und die Erbsen auf meinem Teller zu zählen. Dass ich mich unnötigerweise selbst quäle, wenn ich zum Sport gehe, obwohl ich lieber schreiben würde. Überall und auf jedem Blog wird die Doku "Embrace" gefeiert. Liebe deine Pfunde zuviel, iss deine Schokolade, wenn du Lust drauf hast! Hauptsache, du bist glücklich!
Für mich verkehrt sich die Botschaft von Body Positivity und die Bekämpfung von Bodyshaming inzwischen ins Gegenteil.
Natürlich geht Bodyshaming gar nicht. Es steht keinem Menschen zu, sich in irgendeiner Weise über den Körper eines anderen auszulassen. Sie tun es trotzdem. Gerne ungefragt. Gerne in offensichtlich erniedrigender Art und Weise. Ich kann ein Lied davon singen.
"Karin ist voluminös!"
"Wer will schon mit so einer fetten Sau gehen?"
"Wachsen deine Mückenstiche eigentlich noch?"
"Wieviele Radiosender kriegst du mit deiner Zahnspange eigentlich rein?"
"Bei Karin sieht man die Speckrollen durch das T-Shirt!"
"Titten hat sie keine, dafür zwei Ärsche!"
"Hose in dieser Größe? Meine Güte, solche Zelte verkaufen wir nicht!"
"Schau mal! Karin war auf dem Mond, sie hat Krater mitgebracht!"
"Könnten wir nicht mal einen Dreier machen? Busensex geht ja bei dir schließlich nicht."
Für ein Mädchen im Teenageralter vernichtender als jedes Cover."Wer will schon mit so einer fetten Sau gehen?"
"Wachsen deine Mückenstiche eigentlich noch?"
"Wieviele Radiosender kriegst du mit deiner Zahnspange eigentlich rein?"
"Bei Karin sieht man die Speckrollen durch das T-Shirt!"
"Titten hat sie keine, dafür zwei Ärsche!"
"Hose in dieser Größe? Meine Güte, solche Zelte verkaufen wir nicht!"
"Schau mal! Karin war auf dem Mond, sie hat Krater mitgebracht!"
"Könnten wir nicht mal einen Dreier machen? Busensex geht ja bei dir schließlich nicht."
"Ich bin schön" kam in meinem Wortschatz sehr lange nicht vor.
Heute beleidigt mich keiner mehr.
Ich habe mir recht schnell schlagfertige Antworten angewöhnt, dazu anscheinend eine etwas unnahbare Aura. Gut, viele würden mich wohl auch arrogant nennen. Vielleicht bin ich das auch. Denn ich liebe mich tatsächlich selbst. Mitsamt meinen körperlichen Makeln, die nicht ins Bild der perfekten Medienwelt passen. Mein Selbstbewusstsein ist gefestigt genug, um zu erkennen, dass hinter den Beleidigungen ganz andere Empfindlichkeiten stecken. Das entschuldigt nichts, hilft aber, sie nicht auf sich selbst zu beziehen.
Ja dazu, sich gegen Bodyshaming zu wehren.
Ja dazu, Mädchen und Frauen darauf hinzuweisen, dass Cover, Fernsehen und Instagram "nicht echt", sondern bearbeitet sind. Ja dazu, Strategien zu vermitteln, um erniedrigenden Kommentaren etwas entgegensetzen zu können. Ja dazu, sich nicht von anderen diktieren zu lassen, wie man auszusehen hat.Aber:
Nein dazu, Übergewicht zu feiern.
Nein dazu, Übergewicht als rein optisches "Problem" zu definieren. Nein dazu, die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht zu ignorieren.Keiner muss an den Rande des Untergewichts abnehmen. Keiner muss auch nur einen ansatzweise sichtbaren Sixpack haben. Keiner verlangt, dass man Serien prinzipiell gegen Sport tauschen muss. Keiner verlangt, dass die Schokolade ausnahmslos durch Gemüsesticks ersetzt werden soll. Keiner verlangt, dass man bei einem gemütlichen Abend nur mehr Wasser statt Wein trinkt. Keiner verlangt, dass man zum Gesundheits-Nazi wird.
Aber wer seinen Körper liebt, sollte auch achtsam mit ihm umgehen. Denn es fällt sehr schwer, sich selbst zu lieben, wenn man körperliche Schmerzen hat. Wenn man mit Medikamenten eingedeckt wird, die nicht so helfen, wie sie helfen sollen. Medikamente, die nicht den Zustand herbeiführen (können), wie man ihn idealerweise gesund hätte.
Übergewicht führt über kurz oder lang zu gesundheitlichen Problemen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafapnoe, Gelenkprobleme, verstärkte Schweißneigung, Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2, Arthrose, Gicht, bestimmte Krebserkrankungen, Störungen im Hormonhaushalt (z.B. die Herabsetzung der Fruchtbarkeit), gesteigerte Thrombose- und Emboliegefahr, Insulinresistenz. Ähnlich wie beim Rauchen treten die Einschränkungen nicht sofort auf, sondern entwickeln sich mehr oder weniger schleichend über die Jahre. Genauso wie beim Rauchen kostet Übergewicht nicht nur Lebenszeit, sondern vor allem kostet es gesunde Jahre, in denen man sich vermutlich wünscht, sterben zu dürfen.
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