Abnehmen: Gesund schlank - Der Blog zur Abnehmen-Community: Gastbeitrag: Fettlogik überwinden - 3 Jahre später [Karin Futschik] '; //twitterString += '


(Zu Karins damaliger Rezension von "Fettlogik überwinden")

Auch ich habe fleißig Kalorien gezählt und auch abgenommen. Und zwar in etwa so, wie ich es berechnet hatte. Mit Kalorien zählen abnehmen funktioniert. Die Frage ist nur, wie lange.

In ein paar Tagen jährt sich der Tag meines niedrigsten Gewicht. Ich weiß das so genau, weil es mit meinem Geburtstag zusammenfällt. Doch wie schaut es heute aus? 3 Jahre nach "Fettlogik überwinden"? Konnte ich das Gewicht halten, zähle ich immer noch Kalorien?

Wie ich mit Fettlogik abgenommen habe

Aber zuerst eine knappe Zusammenfassung meines Abnehmweges von 2016. Ich hatte an Neujahr mit meiner Diät begonnen, auch 4 Kilo verloren, bis das Gewicht stagnierte. Im Frühjahr las ich dann Nadja Hermanns Ratgeber, erschienen im Ullstein-Verlag. Ich lud eine Kalorienzähl-App, nahm etwa 1000 kcal pro Tag zu mir, machte 6 mal die Woche Sport und suchte mir Motivation in Fettlogik-überwinden-Gruppen auf Facebook. Ich erreichte damit mittleres Normalgewicht.

Welche Enttäuschung! Wie teuer bezahlt!

Das bedarf einer weiteren Erklärung. Für viele klingt mittleres Normalgewicht super, Ziel erreicht, könnte man sagen. Doch ich fühlte mich als Versagerin. Denn mein Ziel hatte ich weitere 8 Kilo niedriger angesetzt, bei BMI 20. Laut Hermann läge das gesündeste Gewicht im unteren Normalbereich des BMI. Ich habe mein Zielgewicht von 58 Kilo auf 1,68m nie erreicht. Ich habe noch nicht mal mein niedrigstes Gewicht von 2008 erreicht, als ich mit Schlank im Schlaf abgenommen hatte. Aber warum nicht? Ich hätte doch einfach nur weiter ein Kaloriendefizit einhalten müssen. Da der Kalorienverbrauch zusammen mit dem Gewicht sinkt, hätte sich die Abnahme eben verlangsamt, aber im Normalgewicht besteht ja auch keine Dringlichkeit für eine schnelle Abmagerung.

Durch Kalorienzählen zur Selbstwahrnehmungsstörung

Hier liegt die Bratwurst im Fett. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich konnte mich einfach nicht weiter einschränken. Ich konnte keine Kalorien mehr zählen. Schon das Öffnen der Kalorienzähl-App führte zum Essanfall, geschweige denn, wenn sich abzeichnete, dass ich die 1000 Kalorien pro Tag nicht einhalten konnte. Überhaupt entwickelte ich Essanfälle, die ich vorher nicht hatte.

Ich beschäftigte mich den ganzen Tag mit Essen. Ich sammelte und archivierte mit einer Hingabe Rezepte, plante und organisierte meine Mahlzeiten, gab Zutaten in die Rezeptfunktion der App ein, um eine Idee davon zu haben, ob mein Essen in mein Kalorienbudget passt. Ich wog eine Gurkenscheibe auf meinem belegten Brot extra ab - denn entweder ganz oder gar nicht! Ich war eine wandelnde Nährwertdatenbank, kannte von jedem Lebensmittel im Haus meist auf 10kcal/100g genau den Kaloriengehalt, auf alle Fälle jedoch die Einteilung der Energiedichte (s. Energiedichteprinzip). Ich brauche nicht extra zu erwähnen, dass "rote" Lebensmittel für mich eine Ausgeburt der Hölle darstellten. Unter dem Deckmantel der Gesundheit konnte ich mit eiserner Disziplin ablehnen: zu fett, zu süß, zu kalorienreich. "Fettlogik überwinden" lieferte mir die nötigen Argumente.

Mahlzeiten wurden der heilige Gral für mich. Oft aß ich ohne Hunger alles auf, weil ich es durfte. Weil ich die Kalorien getrackt hatte und es in Ordnung war. Ich verlor völlig die Verbindung zu mir selbst. Ich schlang mein Essen, nur damit mir keiner etwas vom Teller stehlen konnte.

Ich mied Essenseinladungen, bei denen ich die Kalorien nicht genau tracken konnte. Wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, versuchte ich mit extrem viel Sport einen Ausgleich zu schaffen. Ich aß den ganzen Tag über wenig, um mich dann abends natürlich heißhungrig zu überessen und mich dazu auch noch schlecht zu fühlen. Ein Teufelskreis, dessen Spirale sich immer enger drehte. Nicht selten wünschte ich mir, das Essen, sowie das Rauchen, ganz aufgeben zu können.

Obwohl ich stetig abnahm und gleichzeitig Sport und Krafttraining betrieb, fühlte ich mich fett. Ich hatte Angst, skinny fat zu werden (zu hoher Körperfettanteil bei Normalgewicht), ging mit anderen hart ins Gericht und mit mir noch härter. Ich war frustriert, dass man die Abnahme auf Fotos kaum bis gar nicht bemerkte. Mein Selbstbewusstsein hatte sich selbst in einen Sarg gelegt und wurde von einer Selbstwahrnehmungsstörung zugeschaufelt.

Als ich an jenem Geburtstag auf die Waage stieg, konnte ich nicht mehr. Ich hatte zwar mein niedrigstes Gewicht, aber ich fühlte mich rundum scheiße. Und ich war vor allem nicht da, wo ich sein wollte. Ab diesem Tag nahm ich kontinuierlich wieder zu - zum Glück nur bis zu exakt dem Gewicht, das ich den wenigen diätfreien Zeiten hielt. Ich konnte den Zwang, mich jeden Tag auf die Waage zu stellen bald ablegen, genauso war die Kalorientracking-App schnell deinstalliert. Doch so mancher Diätschaden hält sich hartnäckig. Die Lebensmitteldatenbank im Kopf vergisst nicht so schnell. Der Wunsch nach rechnerischem Idealgewicht lässt sich ebenso nicht verdrängen. Den Drang, sich mit anderen, schlankeren Menschen zu vergleichen, werde ich auch nicht los.

Vor wenigen Monaten war es ein kleiner Trost, von den psychischen Auswirkungen der Diät in Rahmen des Minnesota Starvation Experiments zu erfahren. Nicht ich war schwach. Meine psychische Entwicklung war zu erwarten. Jedes meiner Symptome wurde bei den teilnehmenden Männern damals beobachtet. Sogar die Rezeptsammelei. Darüber hat Frau Hermann allerdings nichts geschrieben.

Von Fettlogik zum Intuitiven Essen

So sehr ich das Buch vor drei Jahren feierte, so sehr rate ich heute davon ab. Obwohl ich mich nun bald zwei Jahre mit intuitivem Essen beschäftige, bereiten mir diese Diätschäden immer noch Probleme. Sie hindern mich daran, zu einer wirklich intuitiven Esserin zu werden. Ich frage mich immer öfter, ob das für einen Menschen, der jahrelang Diät gehalten hat, überhaupt möglich ist oder auch nötig. Ist das intuitive Essen nur ein weiteres Ziel, das man nicht erreichen kann?

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